Auch Food-Blogger und selbsternannte Gesundheitscoachs tun dies, besonders beim Verkauf von Rezepten für rohe, biologische, steinzeitliche, zucker- oder glutenfreie Desserts. Doch ist „in Massen“ nicht immer ein guter Ratschlag, es sei denn man versteht wirklich seine Bedeutung – auch wenn sie anders ist, als man gemeinhin denkt.
„In Massen“ wird fast immer dann erwähnt, wenn es um typisch „ungesunde“ Nahrung geht. Das folgende Beispiel gibt wieder, wie dieser Ratschlag oft verstanden wird:
Frühstück: Zwei Scheiben Vollkorntoastbrot, eine mit Erdnussbutter, die andere mit Honig, dazu ein Glas 100% reiner Obstsaft.
Zwischenmahlzeit am Vormittag: Der Blaubeermuffin aus dem Café verlockt, aber das macht nichts, denn es ist die erste „Leckerei“ des Tages, die zudem hausgemacht aussieht und Früchte enthält.
Mittagessen: Ein hausgemachter frischer Blattsalat mit… hm… heute vielleicht einem Caesar-Dressing und ein paar Croutons?
Zwischenmahlzeit am Nachmittag: Ein Müsliriegel und Kaffee mit Magermilch zur Stärkung für den Nachmittag.
Abendessen: Ein Freund lädt in den örtlichen indischen Schnellimbiss ein, wo man sich das Lieblingsgericht Butterhuhn und Papadams miteinander teilt.
Vor dem Schlafengehen: Beim Fernsehen vor dem Schlafengehen hat man Lust auf eine Knabberei und holt sich zur Tasse Tee Schokolade aus dem Schrank.
Ob diese Art zu essen auf Sie persönlich zutrifft oder nicht: Sie ist nicht das, was Diät- und Ernährungsberater mit „in Massen“ meinen. Überrascht? Lesen Sie weiter. Aus drei Gründen entspricht diese Ernährung nicht den evidenzbasierten Richtlinien.
1. Alle „in Massen zu essenden“ Produkte gehören zur Kategorie der nährstoffarmen Nahrung.
Bei „in Massen“ geht es nicht um herzhaft oder süss, da indische Schnellgerichte auf dieselbe Art angerechnet1 werden wie Schokoriegel. Im Beispiel oben sind Honig, Blaubeermuffin, Butterhuhn, Papadams und Schokolade „nährstoffarme“ Produkte mit viel zugesetztem Zucker, gesättigten Fetten und/oder Salz, aber wenig Ballaststoffen und Spurenelementen. Trotz des hohen Gehalts an essentiellen Nährstoffen dürfen auch Obstsaft und Müsliriegel nur moderat verzehrt werden, da sie viel Zucker2 enthalten – Müsliriegel manchmal auch viel Fett und sogar Salz.
Nur Teenager und McDonald’s-Aktionäre halten das hier für Hauptnahrungsmittel.
©Shutterstock/margouillat photo
Der Verzehr von Salz, Zucker und Fetten sollte vorsichtig und abgewogen sein.
Nur Teenager und McDonald’s-Aktionäre halten das hier für Hauptnahrungsmittel.
©Shutterstock/margouillat photo
Der Verzehr von Salz, Zucker und Fetten sollte vorsichtig und abgewogen sein.
Was ist denn das Problem nährstoffarmer Nahrung? Zucker fördert Zahnkaries und kann langfristig zur Entwicklung von Diabetes Typ 2 beitragen. Grosse Zuckermengen finden sich oft in Nahrung, die auch viel gesättigtes Fett und Salz enthält. Gesättigtes Fett erhöht die Triglycerid- und Cholesterinspiegel im Blut – Risikofaktoren für Herzkrankheiten und Schlaganfall. Reichlich Salz kann zu hohem Blutdruck führen und dadurch ebenfalls Herzkrankheiten fördern. Nährstoffarme Nahrung ist vor allem wegen ihres Fettgehalts oft kalorienreich3. Regelmässiger Verzehr solcher Nahrung führt zu ungesunder Gewichtszunahme.
„Nährstoffreiche“ Nahrung ist dagegen in den Ernährungsrichtlinien Ihres Landes verzeichnet4: Gemüse, Obst, Körner und Getreide, Fleisch, Fisch, Hülsenfrüchte, Milchprodukte, Öle, Nüsse und Samen. Sie enthält mehr Nährstoffe sowie viele Vitamine, Mineralien, Proteine, Fasern, ungesättigte Fette und Antioxidantien. Diese Nahrungsgruppen füllen die Energiereserven auf, fördern starke Muskeln und Knochen, beschleunigen die Erholung nach Krankheiten, halten Haut, Augen, Haare und Nägel gesund und unterstützen die Funktion aller Organe.
Manche nährstoffreiche Produkte sollten seltener als andere verzehrt werden, zum Beispiel brauchen wir viel weniger Fleisch oder Milchprodukte als Gemüse, Hülsenfrüchte und Körner5. Letztere sind allerdings meistens kalorienärmer und müssten für entsprechende Energiezufuhr in grösseren Mengen verzehrt werden6.
Man sollte auf die mit Salat und anderer „gesunder Nahrung“ servierte Dressing- und Saucenmenge achten. Kleine Mengen heben den Geschmack; aber wenn der Salat in Sahnedressing oder das magere Steak in Bratensauce schwimmt, sollte man nur mässig davon essen.
2. In Massen bedeutet nicht abwechslungsreich.
Am oben beschriebenen Tag wurde abwechslungsreich, aber nicht in Massen gegessen. In Supermärkten, Cafés und Schnellrestaurants finden wir tausende verschiedene nährstoffarme Nahrungsmittel – man könnte ein Jahr lang täglich ein anderes nährstoffarmes Produkt essen und hätte doch nicht alle probiert, weshalb Abwechslung das Problem nicht löst.
Wichtig ist nämlich eine vielfältige Ernährung, z.B. mit biologischer Vielfalt, d.h. von unterschiedlicher Herkunft. Brot, Nudeln, Kräcker, Weetabix, Crumpets, Mehl, Kuchen und Plätzchen enthalten alle Weizen als Hauptbestandteil. Milch, Joghurt, Käse, Sahne und Butter sind meistens aus Kuhmilch hergestellt, einer weiteren biologischen Quelle. Ein einmonatiger Speiseplan mit vielfältigen Körnern und Getreide könnte Weizennudeln, Roggenbrot, Hafer, Reis, Graupen, Polenta, Quinoa, Hirse und Sorghum umfassen.
Die Kartoffel ist eine Knolle mit vielen Variationen.
©Shutterstock/margouillat photo
Variationen von Apfel- und Birnensorten
Die Kartoffel ist eine Knolle mit vielen Variationen.
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Variationen von Apfel- und Birnensorten
Und dann geht es nicht nur um verschiedene Pflanzen, sondern auch deren verschiedene Sorten. Wussten Sie, dass es früher über 70007 Apfel- und 40008 Kartoffelsorten gab? Man findet sie nicht alle in den Läden, aber das meiste Obst und Gemüse gibt es normalerweise in mindestens zwei bis fünf Sorten mit unterschiedlichem Nährstoff- und Geschmacksprofil. Je abwechslungsreicher das Essen, desto leichter erhält der Körper alle essentiellen Nährstoffe, Antioxidantien und anderen gesundheitsfördernden Stoffe. Und ausserdem ist es interessanter!
3. Leckereien, Süsses und Schnellgerichte können NUR zu einer ausgewogenen Ernährung gehören, wenn sie nicht zugleich Ersatz für nährstoffreiche Nahrung sind.
Junkfood ist keine Sünde; es verursacht als solches weder Gewichtszunahme noch Krebs. Wenn es aber, wie in Diagrammspalte C, nährstoffreiche Nahrung verdrängt, wird es zum Gesundheitsrisiko.
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