Am Ende eines Musicals brandet Beifall auf. Begeisterter Applaus. So soll es sein, haben doch Farben, Bewegung, Licht, Musik und Gesang sowie Canapés in der Pause und die Aura des ehrwürdigen Saals die Sinne gefesselt. Was für ein Erlebnis! Doch wenn der Applaus verklungen und der Vorhang gefallen ist, geht die Show weiter, auch für unsere Sinne. Es ist die Welt selbst, das grandioseste aller Spektakel, in das wir mit unseren Sinnen eintauchen. Jedoch sind wir uns dessen wie der sprichwörtliche Fisch im Wasser oft kaum bewusst.
Die Welt und unsere Sinne
Das menschliche Neugeborene ist, um die Realität zu erfassen weitgehend mit peripheren Sensoren und einem umfassend vernetzten Gehirn ausgestattet, das bereit ist, Informationen zu empfangen, zu unterscheiden, zu kombinieren und zu analysieren. Doch wie sieht dies beim Fötus aus? Lebt er, wie man lange geglaubt hat, in einem Zustand der relativen Passivität, bis er daraus befreit wird, um endlich die faszinierende Welt seiner Eltern, des Planeten und seiner Wunder zu entdecken und an ihr teilzuhaben?
In den 1950er Jahren staunte der Neurophysiologe Charles Sherrington über «das Wunder des menschlichen Auges, das sich im Dunkeln entwickelt, um Licht zu sehen, und [das] Wunder des menschlichen Ohrs, das sich in der Stille des Wassers entwickelt, um die Vibrationen der Luft zu hören».(1) Auch wenn noch immer viele Fragen offen sind, verstehen wir diese «Wunder» heute besser. Zum einen ist das intrauterine Umfeld längst nicht so abgeschottet, wie Sherrington annahm. Vor allem aber wissen wir heute mehr über die sensorischen Erfahrungen, die der Fötus im Laufe seiner Entwicklung macht. Wie ein echter Champion bereitet sich das kleine Wesen neun Monate lang unter härtesten Bedingungen auf die wundersame Reise vor, die es erwartet. Und zwar nach einem genau festgelegten, unveränderbaren Programm, das wir alle durchlaufen haben und auf dem unsere Identität beruht.
