Die chinesische Ernährungslehre ist neben Akupunktur, Arzneikunde und Tui-Na-Massage ein Zweig der traditionellen chinesischen Medizin. Körperliche Übungen wie Qi Gong oder Tai Chi Chuan zählen zur chinesischen Kultur und werden als Ergänzung zur Medizin praktiziert. Die traditionelle chinesische Medizin entstand vor über 2000 Jahren und basiert auf einer Vorstellung vom Universum, in der allen Dingen zwei unzertrennliche und sich ergänzende Prinzipien innewohnen: Yin und Yang. „Als Erscheinungsform des das Universum durchdringenden Qi [Energie] definieren sie sich gegenseitig und existieren zusammen in einer dynamischen Beziehung gegenseitiger Abhängigkeit“1. So gehört die Nacht zu Yin und der Tag zu Yang, Unten zählt zu Yin, Oben zu Yang, Langsamkeit ist Teil von Yin, Schnelligkeit von Yang usw. In China gilt diese Vorstellung von der Welt auch für Nahrungsmittel.
Tai Chi Chuan-Übungen im Park, China, 2014
Traditioneller chinesischer Arzt, Chongqing, China, 2010
Tai Chi Chuan-Übungen im Park, China, 2014
Traditioneller chinesischer Arzt, Chongqing, China, 2010
Die Natur von Nahrungsmitteln
Die chinesische Ernährungslehre teilt Nahrungsmittel in ‚neutral‘, ‚warm‘, ‚heiss‘, ‚kühl‘ oder ‚kalt‘ ein. Diese Einteilung entspricht der Wirkung, die sie im Organismus hervorrufen. Unabhängig von der Verzehrtemperatur fühlt man Wärme oder Kälte oder auch Erregung (Energie anspannen) oder Entspannung (Energie zerstreuen). Das Nahrungsmittel kann hyper-Yin (kalt), Yin (kühl), neutral, Yang (warm) oder hyper-Yang (heiss) sein. Die Lebensmittel, die hyper- Yin und Yin sind, ‚kühlen‘ den Körper. Zu dieser Kategorie gehören fast alle grünen Gemüsearten – Artischocken, Spinat, Gurke usw. Wurzelgemüse wie rote Beete, Karotten und Steckrüben oder auch Knollengemüse – Topinambur und Kartoffeln – sind eher kühl. Yin sind ebenfalls Milch, Joghurt, magerer Käse, Eier, einige Meerestiere wie Austern, Muscheln und alle Schalentiere. Unter den Gewürzen zählen zu dieser Kategorie Salz sowie salzige Sossen, etwa Sojasosse oder Fischsosse.
Die Nahrungsmittel der Kategorie hyper-Yang und Yang ‚wärmen’ den Körper und haben eine kräftigende Wirkung. Zu ihnen gehören mehrere Fleischsorten wie Wild, Rind, Lamm, Hühnchen, Innereien, aber auch Garnelen und fettreiche Fische. Als warm oder heiss gelten auch Butter, Crème fraîche, fettreicher Käse sowie die meisten Gewürze und Kräuter, dazu Zucker, Alkohol, Schokolade, Kaffee und schwarzer Tee.
‚Neutrale‘ Nahrungsmittel ergeben ausgeglichene, strukturierende und stabilisierende Energie. Meist zeigen sie einen milden Geschmack, „den Geschmack der Nahrung schlechthin. Er stärkt, kräftigt, nährt“2. Die meisten Getreidesorten und Hülsenfrüchte zählen dazu.
Der Einfluss von Zubereitung und Kochmethoden
Jedes Nahrungsmittel hat spezifische Eigenschaften, die jedoch je nach Zubereitungsart verändert werden können. Braten im Ofen, Grillen über offenem Feuer oder auch Räuchern bereiten Nahrungsmittel im Sinne des Yang zu, das heisst, sie verstärken das Yang (mehr wärmen oder kräftigen). Pochieren, in kochendem Wasser Garen oder Dampfkochen sind sogenannte ‚Wasser- und Feuer‘-Zubereitungen: Ihrer Natur nach neutral oder Yin, „bereiten sie die Nahrungsmittel zur leichten Aufnahme im Verdauungssystem vor und verbrauchen nur wenig Energie. Ausserdem versorgen sie den Körper mit wohliger Temperatur und wärmen ihn“3. Rohe (z.B. Salat) oder vergorene Nahrungsmittel (z.B. Milch in Form von Joghurt) gelten als Zubereitungen vom Typ hyper-Yin, Frittiertes dagegen als hyper-Yang.
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