Botschaften ans Gehirn
Beim Essen senden alle fünf Sinne – Schmecken, Riechen, Sehen, Fühlen und Hören – Botschaften ans Gehirn. Jeder dieser Sinne spielt eine wichtige Rolle dabei, wie wir Speisen wahrnehmen.
Die Zunge ist mit Tausenden von Geschmacksrezeptoren, sogenannten Geschmacksknospen, besetzt, die fünf Grundgeschmacksempfindungen erkennen können: süss, sauer, salzig, bitter und umami. Was wir schmecken, ist eine Kombination dieser Geschmackseindrücke.
Unsere Geschmacksknospen haben sich im Laufe der Jahrtausende entwickelt: Unsere Vorfahren zu Jäger- und Sammlerzeiten konnten geschmacklich nur unterscheiden, ob ein Nahrungsmittel geniessbar war oder nicht. Die entsprechende Erfahrung stellte sich im Laufe der Zeit durch Versuch und Irrtum ein – vor allem mit Hilfe des Berührungs-, Geschmacks- und Geruchssinnes, verbunden mit dem Risiko, sich beim Ausprobieren von Neuem zu vergiften.
Bitterer Geschmack war häufig ein Zeichen dafür, dass eine Pflanze giftig ist. Unsere Geschmacksknospen haben sich entwickelt, um diese Informationen besser verarbeiten zu können. Auch heute hat unsere Zunge immer noch 25 verschiedene Rezeptoren (Geschmacksknospen), die bittere Geschmacksnoten erfassen und „Warnmeldungen“ ans Gehirn schicken. Für süsse Wahrnehmungen genügt uns hingegen ein einziger Rezeptor!
Weiter verfeinert wird der Sinneseindruck durch die Nase, die das Aroma der Speisen erfasst. In der hinteren Nasenhöhle befinden sich rund 1000 verschiedene Geruchsrezeptoren. Das Humangenomprojekt hat rund 400 Gene zu Tage gefördert, die funktionsfähige Riechrezeptoren kodieren. Dies stellt etwa 1,3% des gesamten menschlichen Genoms dar.
Diese zahlreichen Geruchsrezeptoren bilden zusammen ein System, das eine Vielzahl von Gerüchen unterscheiden kann. Jeder einzelne Rezeptor ist dabei in der Lage, mehr als einen Geruch wahrzunehmen. Anders als die Zunge kann das olfaktorische System zwischen einer praktisch unendlichen Zahl von Geruchsmolekülen unterscheiden, sowohl separat als auch kombiniert in Nahrungsmitteln. Wenn wir also glauben, etwas zu schmecken, nehmen wir es in 80% der Fälle tatsächlich über die Nase wahr – das heisst, wir riechen es.
„Das Auge isst mit“
Das Aussehen von Nahrungsmitteln beeinflusst definitiv unsere Wahrnehmung. Dass Zunge und Nase beim Geschmacksempfinden eine wichtige Rollen spielen, ist bekannt. Aber auch die Augen sind mit von der Partie! Köche wissen, dass „das Auge mitisst“. Was sich hinter dieser Feststellung wissenschaftlich verbirgt, ist bislang jedoch nicht bekannt. Wie Essen aussieht, kann unsere Erwartungen an den Geschmack beeinflussen und sogar vorab darüber entscheiden, ob es uns schmeckt oder nicht.
Um festzustellen, wie das Aussehen von Nahrungsmitteln die Geschmackswahrnehmung steuert, luden Dr. Johannes le Coutre und Dr. Julie Hudry vom Nestlé Forschungszentrum 14 Testpersonen zu einem EEG ein. Sie vermuteten, dass uns Dinge besser schmecken, wenn wir zuvor kalorienreiche Speisen gezeigt bekommen – und dass uns umgekehrt nach dem Anblick kalorienarmer Nahrungsmittel Dinge schlechter schmecken3.
Die Testpersonen bekamen Bilder von hoch- oder niedrigkalorischen Nahrungsmitteln wie Pizza oder Wassermelone gezeigt. Danach wurde mit einer Elektrode ein neutrales – d.h. weder angenehmes noch unangenehmes – Geschmackssignal auf die Zunge ausgeübt und die Testpersonen wurden gebeten anzugeben, als wie „angenehm“ und „intensiv“ sie den Geschmack empfinden.
Dr. Johannes le Coutre stellte Folgendes fest: „Nach Bildern kalorienreicher Nahrung empfanden die Teilnehmer den Geschmack als angenehmer als nach Bildern kalorienarmer Speisen. Der Anblick hochkalorischer Nahrungsmittel scheint die persönliche Erwartung und positive Resonanz in Bezug auf die anschliessend präsentierten Geschmackseindrücke zu erhöhen.“
Dr. Julie Hudry fügte hinzu: Die Gehirnbilder geben Aufschluss darüber, wie optische und geschmackliche Eindrücke verarbeitet werden, damit wir Nahrungsmittel geniessen. Unsere Herausforderung für die Zukunft besteht darin herauszufinden, welche Rolle die beobachteten visuell-gustatorischen Wechselwirkungen bei der Regelung von Appetit und Nahrungszufuhr spielen könnten.“
Unser Gehirn benutzt beim Essen alle fünf Sinne, um festzustellen, was vor sich geht. Wenn einer dieser Sinne nicht richtig funktioniert, verliert es die Orientierung. Beispiel Erkältung: Wir erkennen zwar das Essen, das vor uns steht, es erscheint uns aber ganz anders als sonst!