Mehr als 60 Prozent der Fläche Indiens wird landwirtschaftlich genutzt. Ein Grossteil dieser Fläche fällt jedoch der Urbanisierung zum Opfer. Die mit dem Verlust des Ackerlands verbundenen Risiken gehören zu den wichtigsten Themen in der Arbeit des Künstlers Sunoj D. Dabei spielen Reispflanzen, benutzte Teller, Samenkugeln, bemalte Anbauflächen, Laborkulturen und Laub eine bedeutende Rolle. Ohne dass der Mensch in ihnen präsent ist, thematisieren Sunojs Werke unmittelbar die Sorge um die Natur, direkt in Verbindung mit menschlichem Einfluss, Zerstörung und Entwicklung.
Zu seinen Werken zählen interaktive Installationen sowie detaillierte Malereien und Zeichnungen, die auf die regressiven Elemente in der Urbanisierung verweisen. In seinen Werken «Urban Farmland Project» (Städtisches Ackerlandprojekt) und «When you Watch Them Grow… 2» (Wenn man sie wachsen sieht … 2“) wird die Aufmerksamkeit des Betrachters bewusst auf das Ackerland gelenkt, das zugunsten städtischer Entwicklung aufgegeben wurde. Wenn die Menschen in ihren Stadtwohnungen in Töpfen Reispflanzen ziehen oder man ihnen Samenkugeln gibt, die sie auf ungenutzte Flächen in der Stadt werfen, werden ihnen plötzlich die Risiken bewusst, die das Verschwinden der Nutzflächen in ländlichen Gebieten mit sich bringt. Mit diesem Schwund sind auch weitere Auswirkungen verbunden: zum Beispiel die Gefahren, die für die Gesundheit drohen, wenn in reichen Haushalten Nahrung konsumiert wird, die im Labor kultiviert wurde. Aber auch Selbstmorde unter Bauern oder Hunger unter der armen Bevölkerung hängen damit zusammen. All das belastet den landwirtschaftlichen Anbau und hat Versorgungsengpässe zur Folge, die wiederum zum Teufelskreis des Konsums in der Gesellschaft zurückführen.
Subodh Gupta
Zwei Kühe, 2003-08. Bronzeguss und verchromte Bronzeteile.
Zwillinge, 2010. Gemeisselter Mamor auf Zementpodest.
Schule, 2008. 45 Sitze aus Messingguss, Utensilien aus rostfreiem Stahl.
Ohne Titel, 2011. Öl auf Leinwand.
Anmerkung zum Selbst (X), 2013. Öl auf Leinwand.
Mein Familien Porträt, 2013. Mixed media.
This is not a Fountain (Dies ist keine Quelle), 2011-13. Gefundene Utensilien aus Aluminium, Wasserrohr, Deckel, Zement, Draht, Pumpe und Wasser, verschiedene Abmessungen.
In allen Schichten der Gesellschaft umfasst das Zuhause auch einen Küchenbereich. Die Küche als Zentrum der Ernährung erzählt viel über den ökonomischen Status derjenigen, die sie benutzen. Deren Status lässt sich auch anhand des Essens sowie der Utensilien und des Geschirrs, die beim Verzehr verwendet werden, bestimmen. In seinen Installationen, Skulpturen und Bildern verknüpft Subodh Gupta diese Idee mit dem ökonomischen Wandel Indiens, indem er die Verwendung von Alltagsgegenständen in indischen Haushalten beobachtet. Gupta, der aus Bihar stammt – jenem Bundesstaat, der früher die höchste Landfluchtrate in Indien aufwies –, nimmt auf verschiedene Weise Bezug auf Utensilien und Gepäckgegenstände, die mit der Abwanderung im Zusammenhang stehen: Brotdosen, Teller, Wasserbecher, Töpfe und Milchkannen aus Stahl fungieren als Ausdrucksformen des Künstlers.
In «Zwei Kühe» wird aus zwei Fahrrädern ein System zur Lieferung von frischer Milch bis an die Haustür. In seiner Installation «Mein Familienporträt» bildet Gupta eine typische Wand mit Utensilien aus einer indischen Küche nach, inklusive Dichtungsring eines Schnellkochtopfs. In seiner neusten Bilderserie – «Memo an mich» – schafft der Künstler Gemälde aus Essensresten von Mahlzeiten, die er in verschiedenen Städten auf der ganzen Welt gegessen hat. Dabei wirft er einen genaueren Blick auf das, was global und was lokal ist, und kommentiert auch, wie sich Essgewohnheiten mit der Binnenwanderung und der ökonomischen Entwicklung ändern.
Arunkumar HG
Droppings and the Dam (damn) (Hinterlassenschaften und der Damm/Verdammung). Fast 70.000 Plastikflaschenverschlüsse und Stahldraht, ca. 18 x 25,5 x 30 cm, 2014
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers
Droppings and the Dam (damn) (Hinterlassenschaften und der Damm/Verdammung). Fast 70.000 Plastikflaschenverschlüsse und Stahldraht, ca. 18 x 25,5 x 30 cm, 2014
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers
Breathing Space (Atempause). Fotoabzüge auf MDF-Holzfaserplatten, 15 x 15 x 18 cm, 2014
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers
Breathing Space (Atempause). Fotoabzüge auf MDF-Holzfaserplatten, 15 x 15 x 18 cm, 2014
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers
Breathing Space (Atempause). Fotoabzüge auf MDF-Holzfaserplatten, 15 x 15 x 18 cm, 2014
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers
Bhujanalay (Erd-Esser). Ausgewachsener Weizen, Stahl, Holz, Soundtrack, ca. 190 x 94 x 152 cm, 2010
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers
The Meal (Mahlzeit), Welt@Hunger. Transfere auf Essgeschirr aus Keramik, Digitaldruck auf Satin; Weltsozialforum Porto Alegre. Brasilien 2005
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers
The Meal (Mahlzeit), Welt@Hunger. Transfere auf Essgeschirr aus Keramik, Digitaldruck auf Satin; Weltsozialforum Porto Alegre. Brasilien 2005
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers
Bhu-kha (Bhumi ki khurakh, Diät der Erde), Digitaldruck auf Textil, Keramikgeschirr, jeweils 38 x 75 cm, 2010
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers
Bhu-kha (Bhumi ki khurakh, Diät der Erde), Digitaldruck auf Textil, Keramikgeschirr, jeweils 38 x 75 cm, 2010
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers
Bhu-kha (Bhumi ki khurakh, Diät der Erde), Digitaldruck auf Textil, Keramikgeschirr, jeweils 38 x 75 cm, 2010
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers
Der Andere. Digitaldruck auf Epson Archival Paper, AstroTurf, 122 x 81 x 11 cm, 2006
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers
Seiten aus dem visuellen Buch TRACT. 100 Bilder, ca. 30 x 43 cm, 2010
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers
Seiten aus dem visuellen Buch TRACT. 100 Bilder, ca. 30 x 43 cm, 2010
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers
Ein Verständnis für die Koexistenz von Land und Stadt, bei der Verbindungen wichtig sind und Räume respektiert werden, ist die Grundlage dafür, dass die urbane und die ländliche Welt weiterhin nebeneinander bestehen können. Vorgefertigte utopische Ideen lassen das jedoch nicht zu. In Wirklichkeit haben sich diese beiden Welten aber längst völlig voneinander abgekoppelt: Wissenschaftliche Aspekte des Anbaus genmodifizierter Pflanzen und der Bedarf aktueller Strukturen, haben die Topographie der Erde ruiniert.
Arunkumar HG wuchs auf einer Farm auf und erlebte die Veränderung von Leben und Umwelt in der ökologisch sensiblen Region der Sahyadri-Berge. Kunst, Landwirtschaft und Umwelt sind für ihn untrennbar verbunden. In seinen Werken wirft Arunkumar durch den Verzehr ästhetisch ansprechender Produkte Fragen auf, die sich mit den Folgen und der Nachhaltigkeit von Biotechnologie und dem Anbau genetisch modifizierter Pflanzen in einem städtischen Umfeld beschäftigen.
Im Laufe der Zeit ist der Ackerbau aufgrund seiner Abhängigkeit vom Markt als Beschäftigung weniger attraktiv geworden. Der Zwang, Marktprodukte zu verbrauchen, hat mit den ursprünglichen menschlichen Bedürfnissen nichts mehr zu tun. Solche Marktprodukte sind auch notwendig, um dem Boden Nährstoffe und chemische Dünger zuzuführen, damit marktkonforme Produkte erzeugt werden können. «Bhumi ki Khurak» (Diät der Erde), «Bhu-janalayy (Erd-Esser) und die neueste Arbeit des Künstlers, «Droppings und the Dam (Damn)» (Hinterlassenschaften und der Damm (Verdammung )) sind einige der Werke, in denen der Künstler seine Gedanken über die ökologischen, umweltbedingten und sozial-kulturellen Aspekte einer nachhaltigen Lebensweise zum Ausdruck bringt. Tausende von Plastikflaschenverschlüssen (siehe Bild 1) werden in eine perfekte Landschaft verwandelt, die sie jedoch bedrohen; während vier Monate alter Weizen auf dem Esstisch auf seine Ernte wartet und ein für eine traditionelle Mahlzeit gedeckter Tisch mit den Namen der beim Ackerbau verwendeten Chemikalien gekennzeichnet ist. Diese visuell ansprechenden Werke ziehen das Interesse des Publikums auf sich und führen zur Erkenntnis, dass es ohne Biodiversität und Selbstversorgung keinen Ausweg aus den politischen Parametern von Lebensmittelverteilung und -konsum gibt.