Andreas Kohli sprach mit Katharina Lütscher
Katharina Lütscher, Sie fotografieren seit einigen Jahren Esswaren und Menschen auf sehr spezielle Art. Auf den ersten Blick erinnern Ihre Fotos an die holländischen Ölbilder aus dem 17. Jahrhundert.
Ja, die alten Gemälde haben mir schon als Kind gut gefallen. Als Teenager machte ich ein Austauschjahr in Haarlem/Holland und habe dort Bilder des niederländischen Malers Frans Hals gesehen. Vielleicht hat mich das beeinflusst.
Sind Ihre Bilder eine Art fotografische Kopien der alten Meister?
Mir gefallen die Stimmungen dieser alten Gemälde sehr, diese dunklen Räume mit ihren spärlichen Lichtquellen. Der dunkle Bildraum und das karge Licht strahlen eine unglaubliche Ruhe aus, das spürt man beim Betrachten der Bilder, und diese Ruhe stellt sich auch bei meiner Arbeit im Atelier ein, das ist sehr schön. Ich mache keine klassischen Vanitas-Stillleben, bei denen es um Vergänglichkeit geht, ich zeige eher die individuelle Schönheit und Fülle des Lebens.
Les Grenades, les Agrumes et les Goyaves
Les Citrons, les Betteraves et le Rebond
In ihren Bildern fällt das Licht sehr schön auf die Objekte. Wie machen Sie das?
Ich gehe von der Situation im 17 Jahrhundert aus, den dunklen Räumen mit kleinen Fenstern, durch die kaum Licht einfiel. Ich baue das in meinem abgedunkelten Atelier nach und arbeite mit einem Blitz, dessen Lichtfeld ich sehr stark eingrenze. Das Licht und die Schärfentiefe sind extrem wichtig für die gute Wirkung der Oberflächen.
Wie sind Sie auf das Thema „Stillleben“ gekommen?
Ich esse sehr gern und besitze viele Kochbücher. In vielen Kochbüchern sieht man auf den Abbildungen das Essen kaum mehr, die Speisen werden als kleine Häppchen vor weissem Hintergrund fotografiert. Für mich geht es beim Essen aber um Sinnlichkeit, um Farben und Gerüche. Die Bilder in den Kochbüchern wirken auf mich oft eher wie das Gegenteil, wie kühle medizinische Abbildungen. Mein Fotografie-Projekt ist aus einem Gegenimpuls entstanden: aus dem Wunsch, die Früchte und Gemüse in ihrer eigenen, natürlichen Schönheit zu zeigen.