Sylvan Müller arbeitet als Fotograf seit Jahren für seine Leidenschaft: das Essen und Trinken und die Geschichten, die es darüber zu erzählen gibt. Es geht ihm um mehr als die möglichst akribische Abbildung der Nahrungsmittel, er erzählt mit seinen Bildern von Sehnsüchten und Leidenschaften, von Traditionen und Kulturen. Sein Buch «Mama kocht» ist eine Sammlung von Rezepten unserer Mütter und gleichzeitig ein Buch über die Migration. Die Geschichten der Einwanderer lassen sich zwischen den Zeilen aus den Erinnerungen an die Küche der Kindheit und Jugend herauslesen. Seine beiden neusten Bücher, die er zusammen mit Dominik Flammer gemacht hat – «Das kulinarische Erbe der Alpen» und das dazugehörige Kochbuch –, beruhen auf jahrelanger Recherche, erzählen liebevoll von Menschen, ihren Küchen und Speisen und sind inzwischen Bestseller im deutschsprachigen Raum.
Sylvan Müller, Sie fotografieren seit Jahren Essen. Was ist daran für Sie so faszinierend?
Vermutlich kann man das am besten, was man am liebsten macht (lacht). Schon als Kind habe ich immer sehr gerne gegessen und auch gekocht. In meiner Ausbildung zum Fotograf habe ich mich intensiv mit Stillleben beschäftigt. Aber ich bin vielleicht weniger ein Fotograf, als ein Geschichtenerzähler. Ich reise viel, auf Reisen kann man mit allen Menschen über das Wetter oder über das Kochen und das Essen reden, eine Diskussion über das Kochen wird aber – im Unterschied zum Wetter – meistens sehr interessant und persönlich. Ich finde, die Nahrung ist ein ideales Transportmittel, um zum Beispiel politische Themen zu verhandeln, ohne dass man diese direkt ansprechen muss. Man kann übers Essen auch eine Liebesgeschichte erzählen. Die Geschichten interessieren mich eigentlich mehr als das Essen selbst.
Ihre Fotografien wirken gleichzeitig authentisch und inszeniert, wie setzen Sie die fotografischen Gestaltungsmittel ein?
Die Grenze zwischen Ästhetisierung und Kitsch ist sehr schmal, man muss der Versuchung, die Motive zu dekorieren, widerstehen können. Meine grossen Vorbilder für die Reduktion der Formensprache finde in Japan, ich habe auch einmal ein Buch über die japanische Küche gemacht. Wichtig ist die Überzeugung von der Wirkung des Objekts, der Glaube an die Kraft des Produktes, an dem man arbeitet. Ich interessiere mich aber auch sehr für Formen und Texturen, Essen ist da ein dankbares Thema.
Wann ist die Komposition eines Stilllebens in sich stimmig?
Ich kann mich unendlich lange mit Kompositionen auseinandersetzen. Ich schiebe meine Motive sehr gern hin und her, ich kann zum Beispiel stundenlang an der Platzierung einiger Böhnchen arbeiten, und plötzlich kommt der Moment, wo alles stimmt.