Wettessen sind aber keine neue Erfindung. Sie gehen zurück auf amerikanische Dorffeste Anfang des 20. Jahrhunderts, bei denen zur Feier des Ernteabschlusses auch Wettessen veranstaltet wurden. Damals bestand die Aufgabe darin, so viele Kuchen wie möglich zu verschlingen. Doch die heutigen Veranstaltungen haben nichts mehr mit ihren damaligen Wurzeln gemein. Sponsorengelder grosser Nahrungsmittelkonzerne und Reality-Shows am US-Fernsehen, die so vielsagende Titel wie Gutbusters und The Fear Factor tragen, haben die heutigen Wettessen zu einem grossen Geschäft mit Millionen von Fans gemacht. Die grössten Events, wie das seit 1916 von Nathan's in New York durchgeführte Hot-Dog-Wettessen, der Wing Bowl in Philadelphia oder das Hamburger-Wettessen «Krystal Square Off» in Tennessee ziehen bis zu 40 000 Zuschauer an. Essen ist zu einem Profisport geworden.
Eine Schar von Bräuten beim sich Vollstopfen während des <em>Bridezillas Cake-Eating Contest</em> in Times Square in der Hoffnung den Preis von $25,000 für eine Traumhochzeit zu gewinnen. Stephanie Florio (links oben) schlug ihre 14 Konkurrentinnen. New York, 12. Juni 2007.
©GettyImages/ Craig Warga/NY Daily News Archive
Ist Spielen mit Nahrung eine Art und Weise den Überfluss zu zelebrieren?<br />
Pie Eating Contest, USA 2012<br />
Pies (Obstkuchen) und Cupcakes Wettessen verbieten oft den Gebrauch der Hände.<br />
Cupcake Eating Contest, Rehoboth Beach VegFest 2012
© Compassion Over Killing
Pies (Obstkuchen) und Cupcakes Wettessen verbieten oft den Gebrauch der Hände.<br />
Capitol Hill Independence Day Picnic, Pie Eating Contest, 2010
Pie eating contest, 1961.<br />
Nun könnte man meinen, dass professionelle Wettesser einen ziemlich lockeren Job haben, der ihnen zudem TV-Ruhm und Einnahmen als Werbeträger für Nahrungsmittelprodukte oder Restaurantketten bringt. Doch neben dem moralischen Aspekt einer exzessiven Nahrungsaufnahme in Anbetracht des Hungers auf der Welt hat ihre «Arbeit» noch eine weitere Schattenseite: Sie müssen sich mit unnatürlichen und gesundheitsschädigenden Trainingsmethoden auf die Wettessen vorbereiten. Einige von ihnen konsumieren grosse Mengen an Nahrungsmitteln und Wasser, um ihren Magen zu vergrössern, andere fasten mehrere Tage, um den nötigen Appetit aufzubauen und wieder andere versuchen, durch Kaugummikauen ihren Kiefer zu trainieren. Würde es Ihnen gefallen, regelmässig grosse Mengen Kohl zu essen, um Ihren Magen in Wettkampfform zu halten?
Der Gewinner des Nuts4Ribs festival, Halifax, Canada, 22. August 2009.
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Könnten Sie mehr als 500 Austern innerhalb von 8 Minuten essen?
Poppy Tooker, Oyster Festival, New Orleans, Louisiana, 6 June 2010.
©GettyImages/ Charles Traior Jr./Miami Herald
Studien(1) haben gezeigt, dass eine derart übermässige Nahrungsaufnahme den Magen zu einem unnatürlich grossen, schlaffen Sack ausweitet, der gewaltige Mengen an Nahrung aufnehmen kann. So ein riesiger Magen nimmt den Grossteil der Bauchhöhle eines professionellen Wettessers ein und kommt wohl einer Schwangerschaftserfahrung beim Mann am nächsten. Langfristig kann eine solche Magenausweitung irreversibel werden. Der Magen kann dadurch seine Fähigkeit einbüssen, sich zusammenzuziehen und zu entleeren, sodass eine komplette Entfernung des Magens (Gastrektomie) notwendig wird. Eine übermässige Nahrungsaufnahme kann auch zu morbider Adipositas führen. Ein Teilnehmer an einem Wettessen in Custer, South Dakota, ist sogar während des Wettkampfs an einem Hot Dog erstickt.
Um Missbrauch zu verhindern und die Gesundheit und Sicherheit der Wettesser zu schützen, hat die International Federation of Competitive Eating Wettkampfregeln aufgestellt. Teilnehmer müssen mindestens 18 Jahre alt sein und Wettessen dürfen im Durchschnitt nicht länger als zehn oder zwölf Minuten dauern. Zudem ist es erlaubt, das Essen in Wasser einzuweichen, um es leicht schluckbar zu machen – allerdings nicht länger als fünf Sekunden. Ausserdem müssen stets Rettungssanitäter vor Ort sein. Und wer erbrechen muss, scheidet aus.